Zwei bärenstarke Typen

Wenn Personalrat und GEWerkschaft zusammenarbeiten

Aus: HLZ 3/2021

„Zwei sind allemal besser dran als einer allein. Wenn zwei zusammenarbeiten, bringen sie es eher zu etwas.“ Steht – natürlich – so schon in der Bibel (Prediger 4, 9) und wird gerne bei Eheschließungen zitiert. Ganz so weit muss die Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaft und Personalrat an einer Dienststelle nicht gehen, aber grundsätzlich stimmt es schon, dass eine enge partnerschaftliche Kooperation gewinnbringend und eine Unterstützung für beide Seiten ist. BWLer sprächen hier von einer „Win-Win-Situation“.

Allerdings weiß nicht jeder Personalrat vollumfänglich darüber Bescheid, wie weit die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft gehen darf, was erlaubt ist und was es bringt. Dabei ist das im Hessischen Personalvertretungsgesetz (HPVG), der „Bibel“ der Personalräte, klar geregelt, konkret in § 60 Absatz 1, der auch als „das HPVG in einem Satz“ gilt:  

„Dienststelle und Personalrat arbeiten vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften (…) zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben und zum Wohle der Beschäftigten zusammen.“ 

Die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften ist somit nicht nur „erlaubt“, sondern ein Grundprinzip der betrieblichen Mitbestimmung, die wie das Koalitionsrecht in der Hessischen Verfassung (HV) verankert ist:

„Die Freiheit, sich in Gewerkschaften oder Unternehmervertretungen zu vereinigen, um die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gestalten und zu verbessern, ist für alle gewährleistet. Niemand darf gezwungen oder gehindert werden, Mitglied einer solchen Vereinigung zu werden.“ (Artikel 36 HV)

„Angestellte, Arbeiter und Beamte in allen Betrieben und Behörden erhalten unter Mitwirkung der Gewerkschaften gemeinsame Betriebsvertretungen, die in allgemeiner, gleicher, freier, geheimer und unmittelbarer Wahl von den Arbeitnehmern zu wählen sind. Die Betriebsvertretungen sind dazu berufen, im Benehmen mit den Gewerkschaften gleichberechtigt mit den Unternehmern in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Fragen des Betriebes mitzubestimmen.“ (Artikel 37 HV)

Teilnahme von Gewerkschaftsbeauftragten

Der Personalrat kann sich also mit den Gewerkschaftsvertretungen in der Dienststelle, mit den Kreisverbänden und dem Landesverband der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften beraten und abstimmen und den fachlichen Rat der Gewerkschaften einholen, zum Beispiel in rechtlichen Angelegenheiten. Die GEW ist dann eine „in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft“, wenn es im Kollegium mindestens ein GEW-Mitglied gibt. Die Mitglieder eines Schulpersonalrats, die ihre Arbeit rein ehrenamtlich mit einer minimalen Entlastung erledigen, sind auf diese Unterstützung dringend angewiesen, denn nur die GEW bietet eine umfängliche Übersicht des aktuellen Stands des Personalvertretungsrechts und die Kooperation der Personalratsebenen und kann in Fragen der Beteiligung, der Beschlussfassung und bei Problemlagen beraten. 

Noch konkreter wird die mögliche Unterstützung eines Personalrats durch die GEWerkschaft in § 33 HPVG geregelt:

„An allen Sitzungen des Personalrats können Beauftragte der im Personalrat der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften teilnehmen.“ 

Die Entsendung von Gewerkschaftsbeauftragten erfolgt formal durch den Vorstand des jeweiligen GEW-Kreisverbands. Ein Widerspruchsrecht der Dienststelle gibt es nicht. Dieses Teilnahmerecht bezieht sich ausdrücklich auf alle Sitzungen eines Personalrates, also auch auf die Sitzungen, die gemeinsam mit dem Schulleiter oder der Schulleiterin durchgeführt werden. Lediglich bei „schutzwürdigen personenbezogenen Daten“, beispielsweise zur Gesundheit von Beschäftigten, müsste der oder die Gewerkschaftsbeauftragte die Sitzung verlassen, es sei denn, dass der oder die Betroffene das Einverständnis dazu – am besten schriftlich - gegeben hat. 

Voraussetzung für die Teilnahme eines oder einer Gewerkschaftsbeauftragten an den Sitzungen des Personalrats ist, dass mindestens ein Mitglied des Personalrats GEWerkschaftsmitglied ist. 

Gewerkschaftsbeauftragte können nach § 48 HPVG auch an Personalversammlungen teilnehmen. Voraussetzung für die Teilnahme an Personalversammlungen ist, dass es im Kollegium mindestens ein GEW-Mitglied gibt (Kasten S. 11).

Gewerkschaftsbeauftragte informieren, beraten und unterstützen den Personalrat oder die Personalversammlung. Ein Stimmrecht innerhalb des Personalrats besitzen sie nicht, es sei denn, sie sind zugleich Ersatzmitglieder und vertreten ein verhindertes Mitglied. Sie können sich in der Personalratssitzung zu Wort melden und die gewerkschaftliche Sicht auf bestimmte Sachverhalte, auch gegenüber der Dienststellenleitung, darstellen oder spezifische Rechtsauffassungen erläutern und begründen. 

Gerade für Personalräte an kleinen Dienststellen, die nur aus einer Person bestehen, ist es sehr empfehlenswert, dauerhaft eine oder einen Gewerkschaftsbeauftragten mit in die gemeinsame Sitzung zu nehmen, allein schon um die Vier-Augen-Konstellation zu vermeiden, die manche scheuen. Wenn alle Anwesenden einverstanden sind, kann der oder die Gewerkschaftsbeauftragte die Protokollführung übernehmen. 

Es ist sinnvoll, wenn die Person, die in erster Linie als Gewerkschaftsbeauftragter oder Gewerkschaftsbeauftragte fungieren soll, am besten auch zugleich Nachrückerin oder Nachrücker für den Fall der Verhinderung eines Personalratsmitglieds ist, so wie dies in vielen Gesamtpersonalräten und im Hautpersonalrat praktiziert wird. Damit ist gewährleistet, dass Nachrückerinnen und Nachrücker sich nicht erst im Verhinderungsfall in die aktuellen Themen des Personalrats einarbeiten müssen.

In den meisten Fällen werden Gewerkschaftsbeauftragte aus der GEW-Schulgruppe benannt. Generell oder im Einzelfall können aber auch Mitglieder des GEW-Kreisvorstands oder des GEW-Landesvorstands benannt werden. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn es in einer Sitzung des Personalrats oder auf einer Personalversammlung beispielsweise um „die aktuelle Entwicklung von Tarif-, Besoldungs- und Sozialangelegenheiten“ geht (§ 47 HPVG).

Die Rechte der Gewerkschaften im Betrieb

Das Verhältnis von Personalrat und Gewerkschaften ist nach § 60 Abs.  2 HPVG ein Verhältnis auf Gegenseitigkeit:

„Der Personalrat hat das Recht, die Gewerkschaften bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in der Dienststelle zu unterstützen.“

Der Personalrat muss also tätig werden, wenn die Rechte der Gewerkschaften in der Dienststelle eingeschränkt werden oder ihre Arbeit behindert wird. Er hat das Recht, die Gewerkschaft bei der Erfüllung ihrer Aufgaben an der Dienststelle zu unterstützen. Ist die Gewerkschaft mit mindestens einem Mitglied in dieser Dienststelle vertreten, dürfen die Gewerkschaften und ihre Vertreterinnen und Vertreter in die Räumlichkeiten der Dienststelle kommen, um mit Beschäftigten zu sprechen, Plakate an den mit der Dienststellenleitung abgesprochenen Orten aufzuhängen und Informationsmaterialien auszulegen und dafür die Postfächer der Kolleginnen und Kollegen zu nutzen. 

Die Dienststelle ist über den anstehenden „Besucheines externen Gewerkschaftsmitglieds zu informieren, doch kann dieser nicht verboten werden. Eine kurze Mail genügt. Das Gewerkschaftsmitglied muss nicht namentlich genannt werden oder gar seine Mitgliedschaft nachweisen. Ebenso wenig muss der Besuch inhaltlich begründet werden, und dem Arbeitgeber oder der Dienststellenleitung steht auch keine Kontrolle der Zweckmäßigkeit zu. Das Zugangsrecht gilt allgemein und ist nicht auf bestimmte Räume zu beschränken. Werden diese Zugangsrechte bestritten, kann man sowohl auf das Grundgesetz als auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verweisen:

„Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.“ (Artikel 9 Abs.3 Grundgesetz)

„Es bleibt den gewerkschaftlich organisierten Betriebsangehörigen unbenommen, sich (…) innerhalb des Betriebes, am gemeinsamen Arbeitsort, werbend und unterrichtend zu betätigen, in zulässigem Umfang Plakate auszuhängen, Prospekte auszulegen und zu verteilen und mit den Arbeitnehmern zu sprechen.“ (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.2.1981)

Gewerkschaften dürfen für ihre Zwecke werben

Für die GEW heißt das unmissverständlich, dass sie auch in der Dienststelle für ihre Ziele werben, alle Beschäftigten informieren und auch zum Beitritt in die GEW auffordern darf. Selbst die Nutzung eines hausinternen Emailverteilers ist der GEW zu Werbe- und Informationszwecken gestattet. Soweit der direkte dienstliche Ablauf, in den Schulen also der Unterricht, nicht beeinträchtigt wird, darf die Ausübung dieser Rechte von niemandem behindert oder verboten werden. Personen, die diese Rechte ausüben, dürfen nicht benachteiligt oder sanktioniert werden. Nach § 60 Abs. 2 HPVG dürfen auch „die Mitglieder der Personalvertretungen (…) in der Dienststelle als Gewerkschaftsmitglieder im Rahmen ihrer Aufgaben tätig werden“.

Man sieht: Sehr vieles im Bereich der gegenseitigen Unterstützung von GEWerkschaft und Personalrat ist möglich und ausdrücklich erlaubt. Nutzen wir diese Möglichkeiten!

Tony Schwarz

Stellvertretender Landesvorsitzender der GEW